Stahl härten in der Bronzezeit

Archäologische Funde

Gab es gehärteten Stahl bereits in der späten Bronzezeit? Im südlichen Spanien und Portugal legen Funde von Reliefs nahe, dass die Menschen dort bereits vor 2.900 Jahren gehärteten Stahl zur Bearbeitung nutzten. Zur zeitlichen Einordnung: Die Bronzezeit endete in Europa vor ca. 2.700 Jahren. Das verhütten von Eisen löste Bronze, als das bis dahin meist verwendete Metall für die Herstellung von Werkzeugen und Waffen, ab. Dieser Wechsel gilt als geschichtlicher Meilenstein, denn das verhütten von Eisen und die damit eihergehende Stahlproduktion sind bis heute ein elementarer Baustein moderner Zivilisationen. Eisen und Stahl sind wesentlich härter und robuster als Bronze, Kupfer oder Zinn, was die klassischen Metalle der Bronzezeit waren.

Das Ende der Bronzezeit wurde in Teilen Asiens und dem nahen Osten wahrscheinlich früher eingeleitet als dies in Europa der Fall war. Es wird vermutet dass in diesen Regionen das Verhütten von Eisen und das Härten von Stahl rund 300 Jahre früher praktiziert wurde. Umso überraschender sind. Die archäologischen Funde auf der iberischen Halbinsel, die nahe legen, dass gehärteter Stahl in Europa bereits 200 Jahre früher als vermutet genutzt wurde.

Ein archäologisches Forscherteam um Ralph Araque Gonzalez von der Freiburger Universität haben in der Region komplexe Ritzbilder auf Steinmonumenten erforscht. Das Team hat dabei untersucht aus welchem Material die verzierten Steinstele bestehen und mit welchen möglichen Werkzeugen sie bearbeitet wurden. Die lithologische Bestimmung der Stele ergaben, dass diese nicht aus dem für die Zeit typischen monomineralischen Quarz-Sandstein-Aufschluss („Quarzit“) bestehen, sondern aus Silikat-Quarz-Sandstein. Silikat-Quarz-Sandstein weist eine hohe Härte und Robustheit auf. Um herauszufinden womit dieses Material, in gleicher Weise wie die gefunden Steinmonumenten, zu bearbeiten sei, welche Werkzeuge nötig sind, produzierten Steinmetzes, ein Schmied und eine Bronzegießer diverse Meißel her. Genutzt wurden für die Zeit übliche Materialien wie Stein, Bronze und Eisen. Zusätzlich wurde ein Werkzeug aus gehärtetem Stahl hergestellt - welches eigentlich erst 200 Jahre später in Europa genutzt wurde.

Auf einem für den Versuch hergestellten Silikat-Quarz-Sandstein Block wurden nun die verschiedenen Werkzeuge getestet. Ziel war es die Stelen, inklusive aller Verzierungen exakt nachzubilden. Das Ergebnis war für die Forschenden sehr überraschen. Mit den Werkzeugen aus Stein und Bronze war es nicht möglich den Silikat-Quarz-Sandstein Block einzukerben. Lediglich das Werkzeug aus gehärtetem Stahl war dazu in der Lage. Araque Gonzalez resümiert: „Die Menschen der späten Bronzezeit in Iberien waren demnach in der Lage, den Stahl zu härten. Sonst wären sie nicht im Stande gewesen, die Stelen zu bearbeiten.“

Unterstützt wird die These des frühen Härtens von Stahlwerkzeugen durch den Fund eines Meißels aus Rocha do Vigio im Süden Portugals der aus der Zeit 900 vor Christus stammt. Die Metallurgische Analysen dieses Werkzeugs aus der späten Bronzezeit ergaben, dass der Meißel überraschenderweise aus heterogenem, aber dennoch kohlenstoffreichem (gehärteten) Stahl besteht. Dass Herstellen eines solchen Meißels ist nur möglich, wenn die Herstellenden über fundamentale Kenntnisse der Eisenschmelze und dem Härten besitzen.

Für Araque Gonzalez zeigen der Fundkontext des Meißels aus Rocha do Vigio und die Bearbeitung der Steinstelen dass „ die Eisenmetallurgie inklusive der Stahlherstellung und dem Härten von Stahl wahrscheinlich indigene Entwicklungen von dezentral organisierten, kleinen Gemeinschaften in Iberien waren“. Dass sich in dieser Region die Verarbeitung von Eisen und dem Härten von Stahl weit vor der Römerzeit entwickeln und etablieren konnte, lag mit hoher Wahrscheinlichkeit an den Eisenvorkommen nahe der Oberfläche, wie sie für den Teil der iberischen Halbinsel üblich war.


Die Originalpublikation erfolgte von Ralph Araque Gonzalez , Bastian Asmus , Pedro Baptista , Rui Mataloto, Pablo Paniego Díaz, Vera Rammelkammer, Alexander Richter, Giuseppe Vintrici , Rafael Ferreiro Mählmann unter dem Titel „Stone-working and the earliest steel in Iberia: Scientific analyses and experimental replications of final bronze age stelae and tools.“ im Journal of Archaeological Science (152) im April 2023: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0305440323000201

Dr. Ralph Araque Gonzalez ist Projekleiter am Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Freiburg.

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