Industriestrompreis - Fluch oder Segen?

Industriestrompreis

Die hohen Energiepreise in Deutschland setzen energieintensive Industrien, wie die Stahl- und Chemieindustrie aber auch Härtereien unter Druck. In einer globalisierten Produktionswelt besteht für den Industriestandort Deutschland die Gefahr im internationalen Wettbewerb den Kürzeren zu ziehen. Das Abwandern von Industriezweigen und die Verlagerung der Produktion in das energiekostengünstigere Ausland sind mögliche Szenarien, die hierzulande mit großer Sorge betrachtet werden. Die Bundesländer Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt plädieren für einen wettbewerbsfähigen Strompreis. Kurzum energieintensive Industrien sollen einen Rabatt auf die Stromkosten erhalten.

Zum Abschluss ihrer Kabinetts-Klausur auf Schloss Meseberg diskutierte die Bundesregierung verschiedene Vorschläge und Maßnahmen, um die Energiekosten für Unternehmen zu senken, blieb konkrete Lösungen allerdings schuldig. Die Bundesregierung und Industrieverbände suchen nach Wegen, um die Strompreise zu stabilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhalten. Die Situation bleibt jedoch vorerst ungelöst, was die Sorge um Arbeitsplätze und wirtschaftliche Entwicklung verstärkt.

Seit dem Angriffskrieg Russlands sind die Strompreise in die Höhe geschnellt. Mit der Energiepreisbremse hat der Staat auf die Preisentwicklung reagiert. Energieintensive Industrien zahlen vorerst einen Netto-Arbeitspreis von 13 Cent pro Kilowattstunde für 70 Prozent ihres vorherigen Verbrauchs. Für die restlichen 30 Prozent gilt der reguläre Marktpreis. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) prognostiziert, dass sich der Strompreis ohne zusätzliche staatliche Maßnahmen auf einem hohen Niveau einpendeln wird, indessen Folge der Strom für die deutsche Industrie im Vergleich mit den USA viermal so teuer und verglichen mit China siebenmal teurer sei.

Trotz der teilweise berechtigten Forderung nach einem Industriestrompreis gibt es durchaus Argumente, die gegen einen subventionierten Strompreis für energieintensive Industrien sprechen:

  • Nach den aktuellen Plänen des Wirtschaftsministeriums sollen nur besonders energieintensive Unternehmen profitieren. Das wären ca. 2.500 Betriebe. Das würde bedeuten, dass viele Unternehmen, im Besonderen der Mittelstand, hier leer ausgehen würden. Man würde so von staatlicher Seite her den Wettbewerb verzerren und Wettbewerbsvorteile für einige wenige Unternehmen schaffen.
  • Die Wirtschaftsweise und Vorsitzende des Sachverständigenrat Monika Schnitzer gibt zu bedenken, dass ein Industriestrompreis den lange benötigten Strukturwandel ausbremst. Ein Industriestrompreis kauft nur kurzfristig Zeit, schlägt dann aber mit einem erwartbarem globalen Wettbewerbsnachteil zurück, da Unternehmen notwendige Investitionen nicht vornehmen. Vier der fünf Wirtschaftsweisen lehnen daher eine Subvention auf den Strompreis für Unternehmen ab. Eine weitere Sorge besteht darin, dass ein subventionierter Strompreis für die Industrie zu einem Anstieg des Stromverbrauches insgesamt führen kann, was einem die Strompreise im allgemeinen verteuern könnte.
  • Industriestrompreise können starken Schwankungen unterliegen, abhängig von Faktoren wie der Verfügbarkeit von Rohstoffen, geopolitischen Ereignissen und Marktnachfrage. Diese Unsicherheit kann es schwierig machen, langfristige Budgets zu erstellen.
  • Niedrige Industriestrompreise könnten Anreize für den übermäßigen Energieverbrauch schaffen, was wiederum zu höheren Umweltauswirkungen führen könnte. Ein Anstieg des Energieverbrauchs kann die Kohlendioxidemissionen erhöhen und die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels beeinträchtigen.
  • Während niedrige Industriestrompreise für Unternehmen von Vorteil sein können, könnten sie gleichzeitig dazu führen, dass Privathaushalte höhere Energiekosten tragen müssen, um die Kosten auszugleichen.

Ein Szenario, welches die Nachteile von subventionierten Strompreisen für die Industrie abmildern würde, wäre den Ausbau der Erneuerbaren schneller voranzutreiben. Die IG BCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie) prognostiziert, dass die Kosten für erneuerbare Energien bis 2030 erheblich sinken werden. Nach ihren Berechnungen werden sich die Kosten für Windenergie ca. 3 Cent pro Kilowattstunde und die Kosten für Solarenergie auf ca. 2 Cent pro Kilowattstunde einpendeln. Eine Subventionierung des Industriestrompreises wäre dann nur eine Brücke, die bis zum vollständigen Ausbau der Erneuerbaren halten müsste. So werde man sowohl die Nachhaltigkeitsziele politisch anschieben und für günstigen Industriestrom sorgen.

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