Fit for 55

Fit for 55

Die Energieminister der EU und die Europäische Kommission haben in ihrem Programm „Fit for 55“ Beschlüsse verfasst, die nichts weniger bedeuten, als eine komplette Neuausrichtung der Lebens- und Wirtschaftsweise innerhalb der EU. Das Maßnahmenpaket umfasst dabei Gesetze, die den Treibhausausstoss innerhalb der EU bis 2030 um 55 Prozent verringern sollen. Deutschlands Ziele sind dabei noch wesentlich ambitionierter - bis 2030 sollen die CO2 Emissionen um 65 Prozent verringert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es enormer Gestaltungskraft und einer massiven Geschwindigkeit.

Damit das Ziel die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 in Deutschland um 55 Prozent und EU-weit um 55 Prozent zu reduzieren, erreicht werden kann, sind sowohl die Industrie und der Handel, als auch die privaten Haushalte gefordert. Ein Umstieg auf erneuerbare Energiequellen, neue Mobilititätskonzepte, abseits des Individualverkehrs und ein radikales Umdenken beim Bau und im Gebäudesektor ist hier notwendig.

Ein Kernelement des Fit for 55“-Maßnahmenpaket ist eine Neugestaltung des Emissionshandels. Erreichen will die Kommission dies, in dem sie CO2-Zertifikate künstlich verknappt und die Preise für die Zertifikate anhebt. Das heißt die Zertifikate werden in den nächsten Jahren deutlich teurer werden. Die damit einhergehende ordnungspolitische Hintergedanke ist es, dass der ökonomische Anreiz Unternehmen dazu veranlasst, Emissionen einzusparen, anstatt sie durch teure Zertifikate auszugleichen.

Die Kürzung der Emissionsrechte soll dabei schrittweise um 65 Prozent bis zum Jahr 2030 erfolgen. Dies Reduzierung ist recht deutlich. Bisher wurden die Emissionsrechte um 43 Prozent gekürzt. Einen Anreiz zum nachhaltigen Handeln will die Kommission setzen, indem sie Zertifikate an energie-effiziente Unternehmen kostenlos ausgibt und Unternehmen mit ineffizienten Anlagen die Emissionsrechte kürzt, wenn diese keine Maßnahmen durchführen. Auch abgeschafft werden sollen die kostenlosen Zertifikate für den Luftverkehr und für Unternehmen die im globalen Wettbewerb stehen. Die Schifffahrt, die bislang noch keine Zertifikate benötigt, soll in den Emissionshandel einbezogen werden. Zusätzlich soll ab 2027 2027 ein weiteres Emissionshandelssystem etabliert werden, welches den Gebäudesektor, den Straßenverkehr und die Industriesektoren die fossilen Brennstoffe nutzen, mit einbezieht. p>Ein Teil der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel soll dazu genutzt werden den klimafreundlichen Ausbau in der Industrie, dem Gebäude- und Verkehrssektor voranzutreiben. Des Weiteren sollen es einen sozialen Ausgleich auf EU-Ebene geben. Um diese Ziele zu erreichen, werden zwei Fonds aufgesetzt:


  • ein Klimasozialfonds für den sozialen Ausgleich. Dieser Fonds soll zukünftig Maßnahmen in energie-effizientere Gebäude und emissionsärmere Mobilität zukommen. Es sollen hierbei im Wesentlichen einkommensschwächeren Haushalte und Kleinunternehmen unterstützt werden. In einer Übergangszeit könnte der Fonds auch direkte Einkommensbeihilfen für besonders vulnerable Haushalte finanzieren. Man rechnet für den Fonds für den Zeitraum von 2026 bis 2032 mit 86 Milliarden Euro.
  • ein Innovationsfonds, der Investitionen seitens der Industrie in klimafreundliche Technologien fördern soll.
Die Stahlindustrie und die Härterein vermissen industriepolitische Perspektiven

Generell begrüßt die Stahlbranche und mit ihr die Härterein die konkreten Maßnahmen des Pakets, vermisst aber konkrete industriepolitische Perspektiven. Die Kritik richtet sich in erster Linie an dem fehlenden kohärenten Rahmen der alle Politikfelder ganzheitlich abbildet. Dass die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität stufenweise erfolgen muss, ist im Maßnahmenkatalog der Kommission nicht hinreichend abgebildet. Die Revision der ETS (europäischen Emissionsrechtehandel) und das damit einhergehende CBAM (Grenzausgleichsmechanismus) wird die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen im globalen Kontext gefährden. Sowohl die Stahlbranche als auch die weiterverarbeitenden Industrien, wie den Härterein, vermissen konkrete Vorschläge, wie die Übergangsphase finanziell abgefedert werden solle. Denn neben dem Mehrkostenaufwand für die Umstellung auf eine emissionsfreie Produktion und Verarbeitung, steigen die Kosten im europäischen Emissionsrechtehandel.

Der Aufbau von grünen industriellen Wertschöpfungsketten darf nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gehen. Bis ein globaler CO2 Preis etabliert wurde müssen europäische Unternehmen mit Carbon Leakage-Schutzinstrumenten oder Exportrabatten unterstützt und wettbewerbsfähig gehalten werden. des Weiteren sollten Strompreiskompensationen, wie sie derzeit bereits auf Grund der durch den Ukrainekrieg etabliert sind bis ins Jahr. 2030 fortgeführt werden. Energieintensive Unternehmen, wie Stahlproduzenten oder Härterein, benötigen ferner Gewissheit darüber, dass zukünftig ausreichend klimaneutraler Wasserstoff zur Verfügung steht. Hier wäre eine festgeschriebene Priorisierung der Industrie von Nöten. Für die Transformationsphase werden hier Flexibilitätsoptionen von den Härterein gefordert, die beispielsweise den übergangsweise Einsatz von Erdgas oder blauem/türkisem Wasserstoff zu kostengünstigen/subventionierten Preisen möglich machen.

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